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Kinder? Äh ... nein
Danke!
Warum wir Kinder kriegen Eisern
verharrt die Geburtenrate bei 1,4 Kindern pro Schweizerin. Sie will nicht weiter
fallen, obwohl Kinder nachweislich viel Geld und Arbeit kosten und die Freiheit
ihrer Eltern einschränken. Kann der biologische Trieb, die eigenen Gene
weiterzugeben, in dieser zutiefst sozialen Frage als Erklärung genügen? Wohl
kaum. Immerhin steht zwischen dem Geburtsschrei eines Neugeborenen und seinem
Auszug aus dem häuslichen Nest während rund zwanzig Jahren das persönliche Glück
der Eltern auf dem Spiel. Nur wer überzeugt ist, dass ihn der Nachwuchs im
sozialen Sinn bereichert, wird sich von Herzen für ihn entscheiden. Es kann also
nicht verwundern, dass Eltern in ihrer Elternschaft eine Quelle des
Wohlbefindens vermuten - eine Selbsttäuschung, wie Wissenschafter nachweisen. In
Wahrheit sinkt die Glückskurve jedes Paares nach der Hochzeit kontinuierlich und
erreicht den Tiefpunkt, wenn die Kinder in die Pubertät kommen. Fragt man
praktizierende Mütter nach den Auswirkungen ihrer täglichen Verrichtungen auf
ihren Gemütszustand so zeigt sich, dass Tätigkeiten wie Essen, Trainieren,
Einkaufen oder Fernsehen allesamt glücklicher machen als die Versorgung der
Kinder. Woher also die Bereitschaft zur Selbsttäuschung? Daniel Gilbert,
Psychologie-Professor in Harvard, spricht von einer «belief-transmission», einer
Überlieferung von Glaubensinhalten. Gut ist, was als gut gilt - die Mehrheit der
sich fortpflanzenden Menschen wird das Glückspotenzial ihres Tuns von Generation
zu Generation schönreden und so den Fortbestand der Gattung sichern. Der
Wahrheitsgehalt des Glücksversprechens ist nebensächlich, solange das
Glücksversprechen dem Gesamtinteresse einer überlebenswilligen Gesellschaft
dient. Die Minderheit der Wahrheitssucher, die Kinder für Unglücks-Träger
halten, verschaffen sich gerade deshalb wenig Gehör, weil sie sich dem Nachwuchs
verweigert, dem sie ihren Glaubensinhalt tradieren können. Es ist ein richtiger
Teufelskreis für die Wahrheit, was uns Professor Gilbert vor Augen führt. Vor
allem aber zeigt er, dass wir über unser Leben nicht halb so frei bestimmen, wie
wir vielleicht denken. |